Dieser Artikel ist eine gekürzte Version (ohne Grundlagen) meiner ersten Hausarbeit für das Modul Arbeits- und Organisationspsychologie im Rahmen des BWL-Studiums an der Hamburger Fern-Hochschule. Das Thema war Homeoffice, geschrieben wurde sie im Herbst 2020.
1 Einleitung
Über die weltweit ausgelöste Pandemie durch Corona (COVID-19) Anfang des Jahres 2020 war das Thema Homeoffice aktueller denn je. Durch die Coronakrise waren Unternehmen über Nacht gezwungen, ihre Mitarbeiter aus der Verwaltung ins Homeoffice zu schicken. Diese Situation forderte Organisationen, Führungskräfte wie auch Mitarbeiter. Es mussten, sofern nicht vorhanden, die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für die Arbeit von zu Hause geschaffen werden. Zudem mussten sich Führungskräfte auf die neue Lage einstellen, da sie keinen persönlichen Kontakt mehr zu ihren Beschäftigten hatten. Innerhalb kürzester Zeit war es für sie unumgänglich, ihr Team aus der Distanz zu führen (vgl. Mütze-Niewöhner 2020, 308).
Die Forschungsfrage der Arbeit lautet wie folgt:
Welche Rahmenbedingungen sind beim Führen von Teams im Homeoffice notwendig?
Alle personenbezogenen Formulierungen dieser Arbeit sind als geschlechtsneutral zu betrachten.
2 Ausgewählte theoretisch-empirische Aspekte zum Homeoffice
In diesem Kapitel werden ausgewählte Theorien und praktische Beobachtungen zum Homeoffice aufgezeigt. Es wird veranschaulicht, welche Variablen Einfluss auf das Führen eines Teams aus der Distanz haben.
2.1 Bedingungen, Merkmale und Voraussetzungen von Homeoffice
Der Unterschied zwischen Präsenzteams und verteilten Teams ist die räumliche Distanz. Mit der Entfernung der Gruppenmitglieder steigt die Wahrscheinlichkeit kultureller Unterschiede. Durch die mediengestützte Kommunikation fällt es schwerer, Mimik und Gestik zu erkennen. Wenn zudem Mitarbeiter in mehreren Teilprojekten parallel und arbeitsteilig tätig sind, nehmen auch organisationsbedingte Unterschiede zu.
Daraus folgend werden folgende Distanzen unterschieden:
- räumlich,
- kulturell,
- durch Medieneinsatz und
- organisationsbedingt ( Boos et al. 2017, 9f.).
Damit Homeoffice möglich wird, müssen sowohl vom Unternehmen als auch vom Arbeitnehmer die technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Die Beschäftigten benötigen anstatt eines stationären Desktop-PCs ein Notebook, ein Headset und eine Webcam. Ein zusätzlicher Monitor mit Tastatur und Maus erhöht den Arbeitskomfort. Des Weiteren sind zu Hause ein Arbeitsplatz (Schreibtisch und Bürostuhl) und ein Breitbandanschluss erforderlich.
Von der Personalabteilung müssen die organisatorischen Voraussetzungen für Homeoffice geschaffen werden. Ferner sind arbeits- und versicherungsrechtliche Voraussetzungen zu prüfen und festzulegen. Mitarbeiter sollten mit dem Umgang sensibler Daten im Hinblick auf Unternehmens-Know-how und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vertraut sein. Letzteres gilt grundsätzlich auch für Präsenzteams.
2.2 Chancen und Risiken von Homeoffice
In diesem Kapitel werden Chancen und Risiken von Homeoffice behandelt. Der erste Abschnitt beschreibt Beispiele für mögliche Chancen.
In einem globalisierten Markt mit hohem Wettbewerbsdruck ist es erforderlich, für komplexe und kundenspezifische Projektaufgaben die dazu notwendigen Fachkräfte zu beschäftigen. Durch die Bildung virtueller Teams wird die Basis geschaffen, international Mitarbeiter zu rekrutieren. Mit modernen Informations- und Kommunikationstechniken ist es möglich, die erforderliche Expertise mit den jeweils besten Fachleuten in einem Team zusammenzuführen (vgl. Antoni und Syrek 2017, 248).
Aus einer Studie der Krankenkasse DAK geht hervor, dass Digitalisierung und Homeoffice die Arbeitnehmer in der Coronakrise entlastet haben. Jeder zweite bewertet das Arbeiten von zu Hause aus als positiv. Arbeitnehmer zeigten eine hohe Arbeitszufriedenheit und berichteten von einer guten Work-Life-Balance. Drei Viertel möchten auch nach der Coronakrise, zumindest teilweise, im Homeoffice arbeiten. Die Anzahl derjenigen, die die Digitalisierung als Entlastung wahrnahmen, stieg während der Krise um 39 Prozent. Das tägliche Stresserleben ging um 29 Prozent zurück (vgl. DAK-Gesundheit 2020).
Wenn Arbeitnehmer von zu Hause aus arbeiten, benötigen sie keine Arbeitsplätze im Betrieb. Büro- und Parkflächen sind ebenfalls nicht mehr erforderlich. Immobilien sind, speziell in Ballungszentren, teuer. Unternehmen können auf diese Weise Kosten einsparen.
Durch Homeoffice wird der Berufsverkehr durch die Verringerung von Pendlerströmen entlastet. Fachkräfte aus strukturschwachen Regionen müssen nicht mehr von ihrem Heimatort zum Arbeitsplatz fahren oder vom Land in eine Stadt ziehen. Greenpeace hat über die möglichen Einsparungen der Emissionen des Pendelverkehrs eine Studie in Auftrag gegeben. Beim konservativen Szenario könnte Deutschland 1,6 Millionen Tonnen CO2, im fortschrittlichen Szenario 2,8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen (vgl. Büttner und Breitkreuz 2020, 14; siehe Tabelle).
Tabelle: Einsparungspotenzial für einen und zwei zusätzliche Tage pro Woche im Homeoffice für Deutschland (eigene Darstellung in Anlehnung an Büttner und Breitkreuz 2020, 14)
Neben Chancen gibt es auch Risiken die nachfolgend beschrieben werden.
Wie Mergener (2020, 1f.) darlegt, sind die Chancen auf einen Homeoffice-Zugang für Arbeitnehmer ungleich verteilt. Berufe mit überwiegend kognitiven Tätigkeiten steigern diese Chancen, während manuelle Tätigkeiten zur Verringerung der Chancen führen. Für Handwerks-, Pflege, Transport- oder Reinigungsberufe ist das Arbeiten von zu Hause aus schwer vorstellbar. Jedoch können Berufe im Marketing oder in der Forschung durchaus im Homeoffice ausgeführt werden.
Mitarbeiter und Führungskraft verlieren den persönlichen Kontakt und es besteht die Gefahr der sozialen Isolation. In weiterer Folge kann bei der Führungskraft durch die Distanz ein Kontrollverlust entstehen. Es stellen sich mitunter die Fragen, wie sich das Team motivieren lässt und ob die Beschäftigten überhaupt arbeiten.
3 Rahmenbedingungen für erfolgreiches Führen im Homeoffice
In diesem Kapitel werden mögliche Lösungsansätze für erfolgreiches Führen im Homeoffice vorgestellt. Es wird dabei auf die Rahmenbedingungen, die geschaffen werden müssen, sowie auf Verhaltensregeln sowie die Verteilung von Aufgaben und Kompetenzen eingegangen.
3.1 Rahmenbedingungen durch die Organisation
3.1.1 Leitlinie Unternehmensziele
Damit standortverteilte Teams nicht die Ziele des Unternehmens aus den Augen verlieren, ist es Aufgabe der Teamleitung, die Mitarbeiter aktiv in die Strategien und Zielsetzungen der Organisation einzubinden (vgl. Herrmann et al. 2012, 125f.).
Unternehmensziele leiten sich aus den Unternehmensvisionen und -leitbildern ab und gelten für das gesamte Unternehmen. Die Bildung und Konkretisierung von Zielen sowie Strategien, diese umzusetzen, ist eine wesentliche Managementaufgabe. Präzise formulierte Vorhaben sind notwendig, um Entscheidungen treffen und zu einem späteren Zeitpunkt bewerten zu können. Unternehmensziele können ökonomischer, sozialer und ökologischer Natur sein. Damit Beschäftigte Unternehmensentscheidungen verstehen und mittragen, müssen die Ziele kommuniziert werden (vgl. Wöhe et al. 2016, 65f.).
3.1.2 Bedeutung der Organisationskultur
Vergleichbar mit den Unternehmenszielen verhält es sich mit einer gemeinsamen Kultur. Die Unternehmenskultur dient der Abgrenzung gegenüber anderen, stiftet Identität, fördert die Bindung an die Organisation, unterstützt die Stabilität des Systems, gibt als Verhaltensmaßstab Orientierung und unterstützt die Sozialisation neuer Mitglieder (vgl. Kauffeld 2019, 69).
Mit einer positiv besetzten Organisationskultur können sich Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren, es entstehen Vertrauen, Transparenz, Sicherheit und ein Wir-Gefühl.
3.1.3 Verhaltensregeln für Mitarbeiter im Homeoffice
Damit beide Seiten, Mitarbeiter und Unternehmen, wissen, was im Homeoffice erwartet wird, ist es erforderlich, Regeln aufzustellen und diese klar zu formulieren. Dazu gehört die generelle Behandlung der Homeoffice-Zeiten. Fragen hierbei sind, ob jeder von zu Hause aus arbeiten darf oder das nur für bestimmte Bereiche gilt, gibt es sogenannte Homeoffice-Tage, darf jederzeit der Arbeitsplatz gewählt werden oder ist die Heimarbeit immer genehmigungspflichtig? Es muss festgehalten werden, wie die Arbeitszeit aufgezeichnet wird, ob es Kernzeiten für die Erreichbarkeit gibt und wie lange gearbeitet werden darf. Mitarbeiter müssen von der IT in sicherheitstechnische Grundlagen und in das Thema Datenschutz unterwiesen werden. Sensible Akten dürfen das Unternehmen nicht verlassen. Wird das Büro zu Hause regelmäßig genutzt, müssen auch Arbeitsschutzbestimmungen, die Kostentragung für Internet, Strom, Telefon und Verbrauchsmaterialien geklärt werden.
3.2 Rahmenbedingungen durch die Führungskraft
3.2.1 Aufgaben, Verantwortung und Kompetenz
Die Aufgabe einer Führungskraft ist es, ihren Beschäftigten selbständiges und kompetentes Arbeiten zu ermöglichen. Um das zu arrangieren, ist es notwendig, klare Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen für jedes Teammitglied festzulegen. Ein Hilfsmittel dafür ist die Stellenbeschreibung, die für jeden Mitarbeiter zu entwerfen ist. Sie kann folgende Punkte beinhalten:
- Stellenbezeichnung (z. B. Sachbearbeiter Marketing),
- hierarchische Eingliederung (Vorgesetzte, Mitarbeiter),
- Aufgaben der Stelle (Hauptaufgaben der Tätigkeit),
- Stellenbefugnisse (Welche Entscheidungen dürfen getroffen werden?),
- Ziele (Was soll erreicht werden?),
- Vollmachten (z. B. Handlungsvollmacht, Prokura),
- Stellenanforderung (Voraussetzungen für die Tätigkeit) und
- Vertretungsregelung (Stellvertretung).
3.2.2 Führung durch den Vorgesetzten im Homeoffice
Das Führen von Teams im Homeoffice stellt besondere Anforderungen an die Führungskraft. Da die Beschäftigten auf sich allein gestellt sind, ist es daher eine der Aufgaben, Zusammenhalt, Vertrauen und Motivation im Team regelmäßig zu stärken. Eine weitere Maßnahme ist die Koordination periodischer Videokonferenzen zum Aufbau von Medienkompetenz im Team. Aufgrund fehlender Gespräche im Büro oder in Pausen fehlt eine Vielzahl zusätzlicher Informationen. Aus dem Grund sind virtuelle Teams klarer zu beauftragen, Verantwortlichkeiten eindeutiger festzulegen und Ziele deutlicher zu kommunizieren. Die Aufgabenkoordination hat noch transparenter zu erfolgen. Auch bei reibungslos funktionierender Kommunikationstechnik ist es von Bedeutung, die Einschränkung der Mittel hinsichtlich übermittelter Kontextinformationen (z. B. Körpersprache, Mimik, Stimme) zu erkennen und durch überlegten und gezielten Einsatz von Kommunikationsstrategien zu kompensieren (vgl. Müller 2018, 2f.). In der Abbildung sind die zentralen Elemente der Führung auf Distanz veranschaulicht.
Abbildung: Übersicht der zentralen Elemente der Führung auf Distanz (eigene Darstellung in Anlehnung an Utsch und Remdisch, 38)
3.2.3 Interaktion und Kommunikation im Team
3.2.3.1 Formen der Kommunikation
Die nachfolgend angeführten Formen der Kommunikation erleichtern die Zusammenarbeit und Führung von virtuellen Teams. Es gilt, die Werkzeuge im Arbeitsalltag sinn- und maßvoll einzusetzen.
- Telefonkonferenz
- Videokonferenz
- Kollaborative Arbeitswerkzeuge
- Onlinespeicher
- Digitales Kanban-Board
3.2.3.2 Regelmäßige Meetings
Für die Führung von Mitarbeitern muss miteinander kommuniziert werden. Kommunikation findet im betrieblichen Kontext permanent statt, damit die Zusammenarbeit gestaltet werden kann, Entscheidungen getroffen und Probleme gelöst werden können. Damit Beschäftigte wissen, wie ihre Leistung beurteilt wird, bedarf es einer regelmäßigen Rückmeldung durch die Führungskraft.
Durch den persönlichen Kontakt im Büro ist die Möglichkeit zur mündlichen Kommunikation jederzeit gegeben. Im Homeoffice ist dies nicht der Fall, da jeder Mitarbeiter für sich allein arbeitet. Aus diesem Grund ist die Führungskraft gefordert, die genannten Formen der Kommunikation sinnvoll einzusetzen.
Der fehlenden persönlichen Begegnung wirken regelmäßige Jour-fixe-Termine (Telefon- oder Videokonferenzen) entgegen. Unter Beteiligung aller Mitarbeiter des Teams sollten folgende Aspekte berücksichtigt werden:
- über aktuelle Geschehnisse informieren,
- Feedback über gegenwärtige Aufgaben und Projekte geben sowie
- neue Aufgaben koordinieren.
Damit keine soziale Isolation einzelner Beschäftigter entsteht, sollten virtuelle Kaffeepausen initiiert werden. Diese Termine sind für private und zwischenmenschliche Themen reserviert.
4 Schlussbetrachtung
Ausgangspunkt dieser Arbeit war die Coronakrise im Jahr 2020. Das Ziel bestand darin, Rahmenbedingungen beim Führen von Teams im Homeoffice herauszuarbeiten.
Damit Homeoffice möglich wird, müssen vom Unternehmen technische, organisatorische, arbeits- und versicherungsrechtliche Voraussetzungen geschaffen werden. Homeoffice eröffnet die Chance, international Mitarbeiter zu rekrutieren. Die Digitalisierung und die Heimarbeit waren eine Erleichterung für Arbeitnehmer in der Coronakrise. Mitarbeiter, die dauerhaft von zu Hause aus arbeiten, benötigen im Betrieb keinen eigenen Arbeitsplatz mehr. Der Berufsverkehr und in weiterer Folge die Umwelt werden durch die Verringerung von Pendlerströmen entlastet. Ein Risiko ist die ungleiche Verteilung der Chancen auf einen Homeoffice-Zugang. Berufsgruppen mit manueller Tätigkeit können ihre Arbeit nicht von zu Hause aus durchführen. Zudem besteht die Gefahr, den persönlichen Kontakt zu verlieren.
Die Beantwortung der Frage über mögliche Rahmenbedingungen für erfolgreiches Führen aus der Distanz wurde dargestellt. Es wurde eine Unterscheidung zwischen Bedingungen durch die Organisation und durch die Führungskraft getroffen. Das Unternehmen kann Unternehmensziele, Organisationskultur und Verhaltensregeln vorgeben. Der Vorgesetzte hat die Möglichkeit von Stellenbeschreibung und Anpassung des Führungsverhaltens. Die Kommunikation erfolgt primär mittels Informations- und Kommunikationstechniken. Dem fehlenden persönlichen Kontakt gilt es mit regelmäßigen Jour-fixe-Terminen entgegenzuwirken. Stärkere Kommunikation ist aus Sicht des Autors ein wesentlicher Faktor für das gute Gelingen von Homeoffice.
Nachdem Unternehmen während der Coronakrise positive Erfahrungen gemacht haben, ist anzunehmen, dass zukünftig der Zugang zum Homeoffice erleichtert wird.
5 Literaturverzeichnis*
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*Es handelt sich hierbei um das komplette Literaturverzeichnis aus der ursprünglichen Arbeit.